Neurodermitis

Ernährung bei Neurodermitis

Neurodermitis Ratgeber - Gesundes Essen

Die richtige Ernährung bei Neurodermitis – Nahrungsmittel als Trigger?

Es besteht die weit verbreitete Annahme, dass Neurodermitis etwas mit Nahrungsmittelunverträglichkeit zu tun hat. Entsprechend kursieren in vermeintlichen Ratgeber-Büchern und Online-Foren unzählige Tipps zur richtigen Ernährung bei Neurodermitis. Doch stimmt es tatsächlich, dass Nahrungsmittel die Erkrankung auslösen oder verschlimmern können? Wenn ja, welche Nahrungsmittel sind strikt zu meiden? Gibt es eine Art „Neurodermitis Diät“? Und sind alle Atopiker gleichermaßen betroffen?

Fest steht, dass das Vermeiden bestimmter Nahrungsmittel aufgrund eines (bislang unbegründeten) Verdachts nicht zielführend ist. Dies gilt insbesondere, wenn es um eine Vielzahl verschiedener Nahrungsmittel geht, die ohne ärztliche Konsultation und der Abklärung möglicher Allergien oder Unverträglichkeiten aus dem Speiseplan gestrichen werden. Je nachdem, um welche Nahrungsmittel es sich handelt, kann der konsequente Verzicht zu einer Mangelernährung führen, die gesundheitliche Probleme nach sich zieht.

Darüber hinaus ist eine allgemeingültige Antwort auf diese Fragen nicht möglich. So verschieden die Patienten mit Neurodermitis sind, so unterschiedlich kann auch der Einfluss von Nahrungsmitteln auf den Verlauf und die Intensität ihrer Erkrankung sein. Lebensmittel, die Patient A gut verträgt, können bei Patient B möglicherweise einen akuten Krankheitsschub auslösen. Um herauszufinden, welche Nahrungsmittel unproblematisch sind und welche möglicherweise unerwünschte Reaktionen auslösen, kann es sinnvoll sein, ein Symptom-Tagebuch zu führen.

Inmitten der Vielzahl verschiedener, teilweise sich widersprechender Empfehlungen, versucht dieser Artikel, den Zusammenhang zwischen Neurodermitis und Ernährung auf der Basis aktueller Forschung zu beleuchten.  

Können bestimmte Lebensmittel Neurodermitis auslösen?

Ja, es gibt Bestandteile von Lebensmitteln, die mit der Neurodermitis-Symptomatik in Zusammenhang stehen können. Vor allem sogenannte IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien gelten als Triggerfaktoren. Daneben können bestimmte Zusatzstoffe, die in vielen Nahrungsmitteln enthalten sind, die Neurodermitis-Symptomatik verschlechtern. Typische Beispiele für eine derartige Nahrungsmittelunverträglichkeit sind Farb- und Konservierungsstoffe.

Lebensmittelunverträglichkeiten und Lebensmittelallergien bei Neurodermitis

Wenn der Verzehr bestimmter Lebensmittel gesundheitliche Beschwerden auslöst, kann das ein Anzeichen für eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder -allergie sein. Obwohl beide Begriffe häufig synonym verwendet werden, handelt es sich tatsächlich um zwei unterschiedliche Ursachen der Beschwerden:

Bei einer Allergie reagiert der Körper auf einen grundsätzlich ungefährlichen Inhaltsstoff (wie zum Beispiel Nüsse) mit einer Immunabwehr und produziert sogenannte IgE-Antikörper. Der Inhaltsstoff, auf den die immunologische Reaktion auftritt, stellt für diese Person ein Allergen dar. Der Verzehr oder Kontakt mit diesem Allergen kann Juckreiz, Schwellungen oder im schlimmsten Fall einen anaphylaktischen Schock mit Kreislaufversagen auslösen.

Im Gegensatz dazu findet bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit keine immunologische Reaktion statt. Das auch als Nahrungsmittelintoleranz bezeichnete Phänomen hat mit dem Immunsystem nichts zu tun. Vielmehr kann der Körper bestimmte Nahrungsmittelbestandteile (wie zum Beispiel Laktose) aufgrund eines Mangels an bestimmten Enzymen nicht aufnehmen oder nicht abbauen. Typische Beschwerden sind Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall.

Etwa 30 % der Neurodermitis-Patienten haben eine Nahrungsmittelallergie, betroffen sind vor allem Patienten mit schwerer Neurodermitis. Gegen welche Nahrungsmittel die Patienten allergisch sind, scheint auch mit dem Alter zusammenzuhängen. So findet sich bei betroffenen Kindern oft eine Allergie gegen Kuhmilch, Hühnereier, Weizen, Erd- und Haselnüsse. Oftmals „wachsen“ sich diese Allergien aus, das heißt, sie verschwinden mit zunehmendem Alter. Jugendliche und Erwachsene sind häufiger gegen sogenannte Pollen-assoziierte Nahrungsmittel allergisch. Eine solche allergische Reaktion hat ihren Ursprung in einer Pollenallergie, zeigt sich aber auch beim Verzehr bestimmter Lebensmittel wie zum Beispiel Nüsse, Kern- oder Steinobst, Sellerie oder bestimmte Gewürze. Mediziner sprechen hier von einer Kreuzallergie. Sie kann bei Neurodermitikern eine Verschlechterung des Hautbilds auslösen, auch ohne dass bei ihnen die typischen Symptome einer Pollenallergie (Heuschnupfen) auftreten.

Darüber hinaus können auch bestimmte Inhaltsstoffe in Lebensmitteln das Hautbild verschlechtern. Auslöser dieser sogenannten Pseudoallergien sind unter anderem künstliche Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker, Farb- oder Konservierungsstoffe, aber auch bestimmte Aromen von Tomaten oder Gewürzen und Zitronensäure. Diese Stoffe lassen sich über einen herkömmlichen Allergietest nicht ermitteln, was ihre Identifikation erschwert.

Welche Ernährung ist bei Neurodermitis geeignet?

Menschen sind sehr unterschiedlich – auch hinsichtlich der Verträglichkeit von Lebensmitteln. Sollte der Verdacht bestehen, dass die akuten Schübe einer Neurodermitis mit bestimmten Nahrungsmitteln zusammenhängen, gibt das Alter zwar erste Hinweise. Gewissheit liefert jedoch nur eine sorgfältige ärztliche Diagnostik (Blutuntersuchung, Prick-Test) in Verbindung mit einem sogenannten Symptom-Tagebuch. Hier schreiben die Betroffenen über einen gewissen Zeitraum auf, was sie essen und wie ihr Hautzustand danach war, woraus sich mögliche Zusammenhänge ableiten lassen.

Inzwischen ist bekannt, dass einige Lebensmittel häufiger im Zusammenhang mit Neurodermitis auftreten als andere. Das bedeutet nicht, dass diese bei jedem Neurodermitiker einen akuten Schub auslösen müssen. Sie sollten jedoch frühzeitig in Betracht gezogen werden. Zu den „verdächtigen“ Lebensmittel(bestandteile)n gehören unter anderem:

  • Industriezucker (Softdrinks etc.)
  • Kuhmilch und Kuhmilchprodukte
  • Soja
  • Weizen (bzw. Gluten)
  • Schweinefleisch
  • Nüsse (vor allem Haselnüsse und Erdnüsse)
  • Kern- und Steinobst (z. B. Nektarinen, Pfirsiche, Kirschen)
  • in größeren Mengen: Erdbeeren, Zitrusfrüchte
  • bestimmte Gemüsesorten (z. B. Sellerie, Karotten und Tomaten)
  • Fisch (auch Krustentiere, Muscheln)
  • Fertigprodukte (insbesondere stark verarbeitete Lebensmittel mit vielen Zusatzstoffen)
  • Alkohol
  • Histaminreiche Lebensmittel (z. B. Schokolade, Wein, Käse, Wurstwaren, Sauerkraut)

Wichtig: Auch Rauchen kann einen akuten Krankheitsschub auslösen. Deshalb sollten Neurodermitiker den Konsum von Nikotin strikt vermeiden!

Welche Rolle spielt Histamin bei Neurodermitis?

Histamin ist eine biologisch aktive Substanz, die viele wichtige Funktionen im Körper erfüllt. Sie wird nach einer Immunreaktion freigesetzt und kann typische Symptome wie Juckreiz oder Hautrötungen verursachen. Histamin entsteht nicht nur im Körper, sondern ist auch in bestimmten Lebensmitteln enthalten. Einen vergleichsweise hohen Anteil haben Käse (vor allem Hart- oder Schimmelkäse), Wurst (z. B. Salami), Sauerkraut, Tomaten, Spinat, Fisch, Wein und Bier. Viele Neurodermitis-Patienten reagieren auf histaminhaltige Lebensmittel mit einem akuten Krankheitsschub oder einer Verschlechterung des Hautbilds und einer Intensivierung des Juckreizes.

Um dies zu verhindern ist es wichtig, um die Histaminintoleranz zu wissen und die entsprechenden Lebensmittel zu vermeiden. Allerdings ist es aufgrund der relativ unspezifischen Symptome nicht einfach, eine Histaminintoleranz zu diagnostizieren. Wichtig hierfür ist unter anderem:

  • eine sorgfältige Diagnose durch einen Arzt
  • der Ausschluss anderer möglicher Ursachen (z. B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Magengeschwür oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn)
  • Ernährungsumstellung
  • Provokationstest
  • Messung von Histamin im Blutplasma, Urin oder Stuhl
  • Pricktest

Lebensmittel für eine ausgewogene Ernährung bei Neurodermitis

Es gibt einige Lebensmittel, die nur sehr selten Allergien auslösen. Hierzu gehören unter anderem

  • Pute und Lamm (bevorzugt aus biologischer Haltung)
  • grünes Gemüse (z. B. Brokkoli, Grünkohl)
  • bestimmte Obstsorten (z. B. Heidelbeeren, Wassermelone)
  • Mandeln, Kürbis- und Sonnenblumenkerne
  • Kaltgepresstes Olivenöl
  • Glutenfreies Getreide (z.B. Reis, Quinoa, Amaranth, Buchweizen)
  • Tee (Kräutertee, Grüner Tee, Schwarzer Tee)
  • Mineralwasser
  • Salz

Diese Lebensmittel werden von vielen Patienten (aber nicht allen!) sehr gut vertragen. Es ist dennoch nicht auszuschließen, dass es vereinzelt zu Unverträglichkeits- oder allergischen Reaktionen kommen kann.

Neurodermitis Ratgeber - Hilfe ausgewogene Ernährung

Ernährung bei Neurodermitis

Von Innen ansetzen: Probiotika bei Neurodermitis

Auch wenn die genauen Zusammenhänge noch nicht endgültig erforscht sind, weiß man inzwischen, dass das gesundheitliche Wohlbefinden viel mit der Darmflora (Darm-Mikrobiom) zu tun hat. 70 bis 80% des Immunsystems sitzen im Darm, somit können sich bestimmte Probiotika „beruhigend“ auf das bei Neurodermitis überschießend reagierende Immunsystem auswirken. So zeigte eine spanische Studie mit 50 Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 17 Jahren, dass die in den Probiotika enthaltenen Darmbakterien den Juckreiz lindern und einen positiven Effekt auf weitere Symptome haben, so dass der Bedarf an Kortison gesunken ist. Die Einnahme von Probiotika führte zu einer relativen Verbesserung um 83 %, die deutlich über der Placebogruppe (24 %) lag.

Die Einnahme von Probiotika sollte vorab mit einem Arzt besprochen werden. Auch gilt es ein für sich passendes Probiotikum zu finden, denn blind irgendein Produkt zu verwenden wäre nicht ratsam. Das Darm-Mikrobiom, also alle Mikroorganismen die unseren Verdauungstrakt bevölkern, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Damit einhergehen unterschiedliche Bedürfnisse des jeweiligen Mikrobioms. Diese lassen sich nicht einfach pauschal mit irgendeinem Probiotikum beantworten. Auf Basis einer Stuhlprobe ließe sich z.B. etwas genauer festlegen welche Bakterienstämme fehlen und zugeführt werden könnten, um einen beruhigenden Effekt auf das Immunsystem zu erzielen. Wir stehen bei dieser Thematik als Gesellschaft noch ganz am Anfang, aber es lohnt sich zu der Thematik zu lesen und sich mit Experten auszutauschen. Außerdem sollte die individuelle Ernährung bei Neurodermitis oder einer geschwächten Darmflora unbedingt hinterfragt werden.

Die Ernährung bei Babys mit Neurodermitis

Neurodermitis kann auch Babys und Kleinkinder betreffen. Zur Vorbeugung einer Neurodermitis gibt es die Empfehlung, Babys möglichst bis zum Alter von 4-6 Monaten zu stillen, bevor sie eine Beikost erhalten. Ist das Stillen in dieser Zeit nicht möglich, können Eltern ihrem Baby alternativ eine hypoallergene Säuglingsnahrung geben.

Um eine Entstehung der Erkrankung oder einen akuten Schub zu verhindern plädieren Experten für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung für Babys. Nur wenn der Verzehr bestimmter Lebensmittel zu Beschwerden bzw. einer Verschlechterung der Symptomatik führt, sollte darauf verzichtet werden. Von einer generellen „Neurodermitis Diät“ ist angesichts der Gefahr einer Mangelernährung jedoch dringend abzuraten.

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