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Aktuelle Studien: Wie Darm und Haut sich gegenseitig beeinflussen
Der Gedanke, dass verschiedene Organe im menschlichen Körper stark miteinander verbunden sind, geht weit zurück und fand vor allem in der östlichen Medizin Beachtung. In den letzten Jahrzehnten wurden viele Praktiken der östlichen Medizin auch in der westlichen Welt bekannt und näher erforscht. Durch diese Forschung, entdeckten Wissenschaftler eine mittlerweile bekannte Verbindung in unserem Körper: die „Darm-Haut-Achse”. Unser Darm und unsere Haut sind hinsichtlich ihrer Funktionen und Aufgaben eng miteinander verbunden. Deshalb wird eine intakte Hautbarriere indirekt von einer ausgeglichenen Darmflora beeinflusst – Hautzustände wie Neurodermitis werden aufgrund dessen oft mit Darmproblemen in Verbindung gebracht. Trotz dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse, benötigt es weitere Forschungen, um diese Verbindung richtig zu verstehen.
Wie beeinflusst die Ernährung ein ausgeglichenes Mikrobiom?
„Du bist, was du isst” – ein Sprichwort, welches besonders bei Betrachtung der Verbindung zwischen Darm und Haut interessant ist. Studien zeigen, das Darm und Haut vor allem durch die Ernährung verbunden sind. Denn die äußerste Hautschicht, die Epidermis, reproduziert sich stetig. Dafür benötigt sie geeignete Nährstoffe, die größtenteils durch die Ernährung bereitgestellt werden. Deswegen, hat unsere Ernährung einen so großen Einfluss, dass sie sogar die Hautalterung beschleunigen oder verlangsamen kann. Deshalb ist eine ausgewogene, gesunde Ernährung nicht nur wichtig für die Gesundheit des Darms, sondern auch für die der Haut.
So sind Darm- und Hautflora mit dem Immunsystem verbunden
Haut und Darm schützen den Körper vor schädlichen Substanzen und Krankheitserregern: denn beide sind Teil des Immunsystem und über dieses eng miteinander verbunden. Im Darm sitzen 70-80 % der Immunzellen des Körpers.1 Diese Schutzfunktion wird vor allem durch die Vielfalt der Mikroorganismen der Darm- und Hautflora beeinflusst. Deshalb gilt eine Funktionsstörung des Immunsystems als eine der Ursachen für Hautzustände wie Neurodermitis und Psoriasis. Der Zusammenhang zwischen Neurodermitis und einer Fehlfunktion des Immunsystems, wird auch durch die Verbindung mit allergischem Schnupfen (Rhinitis) und allergischem Asthma (atopischer Marsch) deutlich. In 70 % der Fälle, können Beschwerden wie Schnupfen (Rhinits), Allergien oder Asthma als Folgeerscheinung von Hautzuständen wie Neurodermitis auftreten.
Mikroorganismen: Warum sie ein wichtiger Teil des Immunsystems sind
Mikroorganismen spielen eine bedeutende Rolle für das Immunsystem, welches mit dem Darm verbunden ist. Neben den bereits erwähnten potenziell schädlichen Mikroorganismen, gibt es auch eine Vielzahl von nützlichen Haut- und Darm-Bewohnern. Die Summe dieser Mikroorganismen, werden auch als Mikrobiom bezeichnet. Trotzdessen, sind die meisten uns besiedelnden Mikrobiota harmlos oder sogar nützlich. Wichtig ist hierbei ein Gleichgewicht zwischen den „guten” und „schlechten” Bakterien in und auf unserem Körper. Wie bereits angemerkt, ist eine Vielzahl an guten Bakterien enorm wichtig für ein ausgeglichenes Haut- und Darm-Mikrobiom, da diese den Körper vor schädlichen Eindringlingen schützen können. Deshalb wird zum Beispiel angenommen, dass Mikroorganismen eine wichtige Rolle bei der Ausbildung des Immunsystems spielen.
Diese Rolle spielt Hygiene in der Kindheit für das Immunsystem
Eine vor 30 Jahren formulierte Hygiene-Hypothese besagt, dass die Zunahme von Hautkrankheiten mit verbesserten, westlich geprägten sanitären Einrichtungen und Lebensbedingungen zusammenhängt. Exzessive Hygieneroutinen, Entbindungen per Kaiserschnitt und verfrühter Stopp vom Stillen, beeinträchtigen den Kontakt mit einer Vielzahl von harmlosen Mikroben, besonders im frühen Leben. Diese Mikroorganismen sind notwendig für die Entwicklung eines stabilen Immunsystems. Deshalb ist die Hygiene-Hypothese ein Beispiel dafür, wie Bakterien und Immunsystem zusammenhängen können.
Wie unterstützen gute Bakterien das Immunsystem?
Nützliche Bakterien unterstützen das Immunsystem auf zwei Arten. Erstens können die guten Bakterien im Darm direkt auf potenziell negative Bakterien einwirken, die in den Darm gelangen oder Reaktionen des Körpers auslösen.2 Die guten Bakterien konkurrieren nämlich mit den schlechten Bakterien um Nahrung und Platz: je mehr nützliche Bakterien im Darm-Mikrobiom vorkommen, desto eher können diese die Anheftung schlechter Bakterien an der Darmwand verhindern. Außerdem produzieren gute Bakterien Substanzen, die für schlechte Bakterien toxisch sind.
So beeinflussen schädliche Darmbakterien das Haut-Mikrobiom
Wenn es potenziell schädlichen Bakterien gelingt, im Darm zu wachsen und sich zu vermehren, wird das Immunsystem überempfindlich. Dies kann wiederum auch zu Entzündungen der Haut führen. Darüber hinaus scheint das Darm-Mikrobiom, das Immunsystem direkter zu beeinflussen. Deshalb können z. B. bei einer gestörten Darmbarriere einige Bakterien und deren Stoffwechselprodukte in die Blutbahn gelangen und Entzündungen verursachen. Dieses Phänomen wird als „leaky gut“ (zu dt. “durchlässiger Darm”) bezeichnet.3 Die Mechanismen und Wechselwirkungen sind jedoch noch nicht tiefergehend erforscht. Jedoch haben viele wissenschaftliche Artikel gezeigt, dass sich das Darm-Mikrobiom von Menschen mit und ohne Hautzuständen, wie z. B. Neurodermitis, unterscheidet.4,5 Ein unausgeglichenes Mikrobiom, das zu Problemen wie trockene, juckende und gereizte Haut führt, wird als Dysbiose oder Dysbakteriose bezeichnet.
Gesunder Darm, gesunde Haut: Wie Darmbakterien das Haut-Mikrobiom beeinflussen
Ebenso wie der Darm hat auch die Haut eine Vielzahl von Mikroorganismen, die auf ihrer Oberfläche und in tieferen Schichten leben. Eine der mutmaßlichen Ursachen von trockener, zu Neurodermitis neigender Haut, ist das übermäßige Vorkommen von Staphylococcus aureus auf der Haut. Dies ist deshalb so negativ für Hautzustände wie Neurodermitis, weil die bakterielle Diversität der Haut über den gesamten Körper verringert ist.6 Ein ausgeglichenes Darm-Mikrobiom kann jedoch dagegen wirken: die guten Bakterien des Darms produzieren Substanzen, die die Entwicklung von Staphylococcus aureus unterdrücken können.7 Zusätzlich beeinflussen viele der produzierten Substanzen die Hautstruktur. Im gesunden Zustand kann diese den Flüssigkeitsverlust kontrollieren, die Hautfeuchtigkeit bewahren und sie vor dem Eindringen fremder Mikroorganismen schützen.
Unser Körper ist vernetzt: Verbindung zwischen Darm, Haut und anderen Organen
Die Wechselbeziehung zwischen verschiedenen Organen unseres Körpers, ist nicht auf Darm und Haut beschränkt. Heutzutage gibt es bereits Studien, die sich mit der Darm-Lungen-Achse, der Darm-Hirn-Achse, der Darm-Hirn-Haut-Achse uvm. beschäftigen. Ein dysfunktionales Immunsystem kann nicht nur zu Hautzuständen wie Neurodermitis führen, sondern auch zu Problemen mit den Atemwegen (allergisches Asthma, allergische Rhinitis). Gleichzeitig zeigten Wissenschaftler eine Beteiligung des Darm-Mikrobioms und der Hautstrukturdefekte bei Asthma.8,9
Wie füttere ich meine Mitbewohner im Darm für ein ausgeglichenes Darm-Mikrobiom?
Eine allgemein gesunde und ausgewogene Ernährung ist generell der beste Weg, um ein gesundes Darm- und Haut-Mikrobiom zu unterstützen. Das Einbinden von Pro-, Prä- und Synbiotika in den Speiseplan ist gut, um die symbiotischen Bakterien im Darm zu unterstützen. Diese Lebensmittel bieten sich für einen gesunden Ernährungsplan an:
- Grundnahrungsmittel wie Getreide (Weizen, Gerste, Roggen, Mais oder Reis)
- stärkehaltige Knollen oder Wurzeln (Kartoffel, Yam, Taro oder Maniok)
- Hülsenfrüchte (Linsen und Bohnen)
- Obst und Gemüse
- Lebensmittel aus tierischen Quellen (Fleisch, Fisch, Eier und Milch).
- kaltgepresste Öle
- Nüsse
- Vollkorngetreide
Zu einer gesunden Ernährung gehört auch ein reduzierter Konsum von verarbeiteten Lebensmitteln, Zucker und Salz. Generell ist es gut, abwechslungsreich zu essen, zu beobachten, wie der Körper reagiert und die Ernährung bei Bedarf umzustellen. Nicht alle dieser Lebensmittelempfehlungen, sind für jede Person geeignet, weshalb es keinen pauschal gültigen Ernährungsplan gibt. In diesem Fall sollten diese Lebensmittel durch andere Produkte mit einer ähnlichen Kombination wichtiger Nährstoffe ersetzt werden.
Einfluss von Pro-, Prä- und Synbiotika auf das Mikrobiom
Präbiotika sind die Nährstoffe, die die nützlichen Bakterien im Darm ernähren und so zu ihrer Vermehrung führen. Probiotika hingegen, sind selbst nützliche Bakterien, die dem Körper zugeführt werden können. Synbiotika sind eine Kombination aus beidem. Aktuellen Forschungen zufolge, liefern Synbiotika die vielversprechendsten Ergebnisse für den menschlichen Körper. Deswegen haben Wissenschaftler bereits viele Bakterienstämme getestet. Das Ergebnis: bisher scheinen Lactobacillus- und Bifidobacterium-Stämme, die am potenziell besten geeigneten Stämme zu sein. Was Präbiotika betrifft, so sind die Galacto- und Fructooligosaccharide am vielversprechendsten. Jedoch gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine prä- oder probiotischen Nahrungsergänzungsmittel, die generell empfohlen werden können. Glücklicherweise kommen diese auch in vielen Lebensmitteln vor:
Probiotische Lebensmittel:
- Joghurt
- Kefir
- Kombucha
- Buttermilch
- Sauerkraut
- Essiggurken
- Kimchi
- Tempeh
- Hüttenkäse
- Sauerteigbrot
- Miso
Präbiotische Lebensmittel:
- Spargel
- Topinambur
- Bananen
- Haferflocken
- Rotwein
- Honig
- Ahornsirup
- Hülsenfrüchte
Fazit
- Unser Darm und unsere Haut sind hinsichtlich ihrer Funktionen und Aufgaben eng miteinander verbunden
- Aufgrund dessen, werden Hautzustände wie Neurodermitis oft mit Darmproblemen in Verbindung gebracht
- Eine ausgewogene Ernährung ist nicht nur für die Gesundheit des Darms, sondern auch die der Haut von Bedeutung: Die äußerste Hautschicht, die Epidermis, bezieht den Großteil der benötigten Nährstoffe aus der Nahrung
- Das Einbinden von Pro-, Prä- und Synbiotika in den Speiseplan ist gut, um die symbiotischen Bakterien im Darm zu unterstützen
- Es gibt keinen allgemeingültigen Ernährungsplan zur Verbesserung der Darm- und Hautgesundheit
Quellen
- Abbas AK; Lichtman AHH; Pillai S. Cellular and Molecular Immunology E-Book, Elsevier Health Sciences. 2017
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